Pöls-Oberkurzheim startet innovatives Bildungskonzept
I Ausgangslage
Die demografische Entwicklung der Region Obersteiermark West fordert bereits jetzt - und verstärkt in Zukunft - innovative Konzepte und Projekte zur Gegensteuerung.
Die aktuelle Situation in den Bezirken Murtal und Murau ist von einer steigenden Abwanderungstendenz junger Menschen geprägt. Somit ergeben sich für die regionalen Unternehmen Probleme, qualifizierte FacharbeiterInnen und Lehrlinge zu finden. Dieser Bevölkerungsrückgang hat besonders in den ländlichen Randgebieten der Region direkte Auswirkungen auf den Erhalt der Schule als Kerninfrastruktur eines funktionierenden Ortes. Durch Schließungen von Bildungseinrichtungen verlieren Gemeinden nicht nur ein überzeugendes Argument als Lebensort, sondern auch die Diversität ihres Bildungsangebots.
Regionen, die Schule als Lebens- und Lernort verstehen und Bildung zu einem zentralen Thema der Standort- und Regionalentwicklung machen, können einem fortschreitenden Abwanderungsprozess entgegenwirken.
Eine regionale Standortpolitik dieser Art stärkt die bestehenden Sozialstrukturen und festigt damit die lokale Identität und Ortsbindung. Um der Bevölkerung in Zukunft eine optimale Bildungslaufbahn im Ort bzw. in der Region garantieren zu können, sind pädagogische Konzepte mit neuen Schulorganisationsformen wie Schulcluster und Campusschulen anzudenken.
II Das Projektziel
Durch das Campusprojekt Ad Pelisam will die Gemeinde Pöls-Oberkurzheim eine ganzheitliche (Neu-)Positionierung ihrer Bildungsinstitutionen erreichen. Politik und Wirtschaft unterstützen die Schulen und Kindergärten aktiv in diesem Entwicklungsprozess. Mit einem gemeinsamen pädagogischen Konzept vom Kindergarten bis zur Neuen Mittelschule und darüber hinaus bis zu den Lehrlingen wird die besondere Bedeutung der Kinder und Jugend in der und für die Gemeinde zum Ausdruck gebracht. Schwerpunktsetzungen im Bereich MINT (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik), Forschen und Experimentieren sowie Sprachen (Englisch und später auch Spanisch) sollen dabei die Qualität und die Attraktivität des Standortes steigern. Die Kinder sollen sich in jeder Phase ihres Bildungsweges wohl fühlen und optimal in ihrer Entwicklung begleitet und gefördert werden. Die Transitionsphasen in dieser kindlichen Entwicklung
- Kindergarten-Volksschule
- Volksschule - NMS und
- der Übergang von der Schule in die Arbeitswelt zu Beginn der Lehrzeit
bedeuten durch die Verbindung der Bildungseinrichtungen im Campus keine Brüche oder Schnittstellen mehr. Die Schullaufbahn der Kinder soll durch den Campus vereinfacht, geradlinig (und vor allem im Ort) verlaufen.
Bildung wird zum Thema der gesamten Gemeinde. Der Bildungscampus Ad Pelisam soll auch in der Erwachsenenbildung des Ortes eine fixe Rolle spielen und durch überregionale/internationale Projekte zusätzliche Lebendigkeit bringen.
Ziel des Projektes ist die Entwicklung und Implementierung eines bildungspolitischen Leuchtturmprojektes. Stakeholder sollen motiviert werden, die regionale Bildungssituation genau zu beobachten und vorausschauend aktiv bildungspolitische Prozesse zu überdenken und mitzugestalten. So sollen künftig Planungen für Schulstandorte in einer regionalen Dimension durchgeführt werden. Unsichere Schulstandorte sollen frühzeitig evaluiert werden und Gemeinden sollen proaktiv - gemeinsam mit allen Bildungsinstitutionen vor Ort - kreative, alternative Lösungen entwickeln. Denn Bildung geht alle Menschen in der jeweiligen Region an, eine frühzeitige Mitgestaltung der Bildungslandschaft stellt einen Bonus für die Gemeinde und die Region dar.
- Die Erkenntnisse, die in diesem Projekt gewonnen werden, sollen als Good-Practice-Modell für andere interessierte Gemeinden zur Verfügung stehen.
- Erfolgreiche Projektschritte werden als Prozesse definiert und schriftlich ausgeführt.
- Problemsituationen werden beschrieben, deren Lösungen bzw. entsprechendes Trouble- shooting und daraus resultierende Anpassungen der Projektplanung dokumentiert.
- Im vorliegenden Projekt wird auf den Erkenntnissen aus der Arbeit im Bildungscampus Stadl-Predlitz und auf pädagogischen Erfahrungen im Bereich der altersheterogenen Ganztagsbetreuung aufgebaut.
III Konkrete Schritte und Planungen
Mit dem Schuljahr 2018/19 wird das derzeit vorbereitete pädagogische Konzept mit der Schwerpunktsetzung MINT und Englisch in den Kindergärten und Schulen eingeführt. Auch die NMS soll als GTS geführt werden.
Nahtstelle KiGa - VS:
- Die Kindergärten werden verstärkt in Projekte und Workshopangebote der Schulen miteingebunden. Die englischsprachige Pädagogin steht den Kindergärten täglich zur Verfügung.
- Um einen gleitenden Übergang vom Kindergarten in die Schule zu sichern, muss in erster Linie die Zusammenarbeit zwischen den Pädagog_innen stimmen.
- Das ERASMUS+ Projekt „TrEBi OW" (Transition in der elementaren Bildung - Obersteiermark West), das von der Gemeinde Pöls-Oberkurzheim als Konsortialprojekt eingereicht wurde, wird die Personalentwicklung unterstützen und neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit aufzeigen.
Nahtstelle VS - NMS
- Die gemeinsame Arbeit der Kinder aus der Volksschule und der Neuen Mittelschule wird intensiviert.
- Die 4. Klasse der VS und die erste Klasse der NMS werden stundenplanmäßig jede Woche zwei Schulstunden gemeinsam unterrichtet (Mathematik und Lesen).
- Durch Verschiebungen in der Stundentafel wird es möglich, dass den Kindern der Volksschule und der NMS an einem Nachmittag der Woche ein interessantes fachspezifisches Workshopprogramm zur Verfügung steht, das von Lehrpersonen und externen ExpertInnen gestaltet wird.
- An diesem Workshoptag und generell bei Nachmittagsunterricht in der NMS werden die Kinder im Sinne der Ganztagesschule betreut: Sie gehen gemeinsam zum Mittagessen und werden nach dem Workshop noch bei ihren Hausübungen unterstützt oder können das Freizeitangebot nützen.
- Die Zusammenarbeit mit den Wirtschaftsbetrieben wird intensiviert. Die Kinder gehen in die Betriebe und die Fachleute kommen in die Schule.
- Die Nativspeakerin steht der VS und NMS in allen Klassen für die Englischstunden und in der NMS speziell für den Schwerpunkt Konversation zur Verfügung.
- Lesen in allen Fächern wird weiter ausgebaut. Eine Zusammenarbeit mit der Bibliothek (im Haus) wird forciert.
Nahtstelle Schule - Lehre
- Die Lehrbetriebe der Gemeinde werden motiviert, die jungen Lehrlinge im Übergang von der Schule in die Arbeitswelt durch die Teilnahme an den PREP Days zu unterstützen. (siehe Beilage)
Jugend
Ein zweites ERASMUS+ Projekt wurde im Bereich Jugend von der Gemeinde Pöls-Oberkurzheim eingereicht. Unter dem Titel „Playful learning" soll ein Beitrag zur learning society geleistet werden Bildung soll als substantieller Gedanke im Ort und in der Region etabliert werden.
Gernot Esser, Bürgermeister Pöls-Oberkurzheim:
„Bildung ist eine tragende Säule für das Funktionieren einer demokratischen Gesellschaft. Bildung ist Kapital für die individuelle und kollektive Entwicklung. Mit dem gegenständlichen Campus-Projekt „Ad Pelisam" sollen die vorhandenen Strukturen und infrastrukturellen Einrichtungen des Bildungssektors in PölsOberkurzheim besser vernetzt, effizienter genutzt und fit für die Zukunft gemacht werden. Die Schnittstelle zu Industrie und Wirtschaft stellt in diesem Kontext eine zusätzliche Win-Win-Situation mit großem Potenzial dar. Bildung soll mit diesem Projekt ein noch lebendigerer Teil unseres Gemeindelebens und eine weitere Facette der Lebensqualität in PölsOberkurzheim und der ganzen Region werden."
Max Lercher, Landtagsabgeordneter, SPÖ-Bundesgeschäftsführer:
„Mit dieser Initiative betreten wir bildungspolitisches Neuland und setzen einen regionalpolitischen Meilenstein. Ad Pelisam tritt den Herausforderungen in diesen beiden Bereichen mit einem ganzheitlichen Ansatz entgegen. Das sichert die Zukunft der Kinder und Jugendlichen wie auch der Wirtschaft und damit der ganzen Region."
Ursula LACKNER, LRin für Bildung und Gesellschaft:
„Ein Sprichwort sagt, es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind zu erziehen. Ad Pelisam nimmt sich das zu Herzen. In Pöls-Oberkurzheim ziehen alle - Kindergärten, Volksschule, neue Mittelschule und Wirtschaft - an einem Strang, um den Kindern und Jugendlichen einen nahtlosen Bildungsweg zu ermöglichen und sie optimal auf ihr Berufsleben vorzubereiten. Ad Pelisam zeigt, dass die Region die Schule als Lebens- und Lernort versteht und Bildung zu einem zentralen Thema der Standort- und Regionalentwicklung macht."
Andreas Vogel, Vorstand Zellstoff Pöls AG:
„Für Unternehmen ist es wichtig, dass dem Facharbeitermangel entgegengewirkt wird. Zugleich brauchen die BewohnerInnen der Region wohnortnahe Arbeitsplätze. Um dies zu erreichen, muss das die Bedeutung der naturwissenschaftlichen Fächer stärker ins Bewusstsein aller am Bildungssystem Beteiligten gestärkt werden. Außerdem braucht es eine frühzeitige zweisprachige Erziehung sowie flexible Ganztagsbetreuung. Ad Pelisam erfüllt genau diese Anforderungen."
Elisabeth Meixner, Bildungsdirektorin Steiermark:
„Die LehrerInnen einer Neuen Mittelschule mit 7 Klassen und einer Volksschule mit 6 Klassen haben sich entschlossen, gemeinsame Wege zu beschreiten. Vor allem die Übergänge zwischen Kindergarten/Volksschule, Volksschule/NMS sowie NMS/Lehre bezüglich der inhaltlichen Zusammenarbeit werden eine spannende Herausforderung, bei der es zu einem pädagogisch-methodisch-didaktischen Mehrwert kommen kann. Hinzu kommt eine Schwerpunktsetzung in den MINT-Fächern und in den Sprachen, abgestimmt auf die Bedürfnisse regionale Wirtschaft. Ebenso versuchen die LehrerInnen, in der Gestaltung des Angebotes am Nachmittag neue Wege zu beschreiten. Im Mittelpunkt stehen die SchülerInnen aus Pöls, die in ihren Begabungen und Talenten gefördert und gestärkt werden."