Sensitivitäts-Studie über den Lebensraum Ennstal bestätigt Handlungsbedarf für Verkehrslösung, Presseinformation vom 17.04.2009
Vor kurzem wurde eine System-Studie des Malik Management Zentrum St. Gallen über den Lebensraums Ennstal fertiggestellt. Die Steiermärkische Landesregierung hatte diese im vergangenen Jahr in Auftrag gegeben, um die Wirkungs-zusammenhänge im Bezug auf die Attraktivität dieser Region und voraussichtliche Effekte von Änderungen der Verkehrsinfrastruktur zu untersuchen, so auch der B320 Ennstalstraße. Damit konnte der jahrzehntelang emotional geführte Verkehrsstreit auf eine integrative Ebene gebracht und der offene Dialog unterstützt werden. In der ganzheitlich angelegten Studie wurden die Bereiche Lebensqualität, Wirtschaft, Verkehrsqualität, Umweltschutz und Tourismus integriert. Für die Studie nach dem „Sensitivitäts-Modell Prof. Vester®" wurden in Interviews und mehreren Workshops mit Befürwortern wie Kritikern aus der Region alle Anliegen, Themen und Standpunkte aufgegriffen, diskutiert und hinsichtlich ihrer systemischen Wirkungszusammenhänge bewertet.
Die zuständige Verkehrslandesrätin Kristina Edlinger-Ploder präsentierte heute im Rahmen eines Pressegesprächs in Liezen gemeinsam mit Studienautor Dr. Karl-Heinz Oeller die Ergebnisse. „Zunächst geht mein Dank an alle Beteiligten, die aktiv in den Workshops mitgearbeitet und wertvolle Aspekte beigetragen haben", erklärt Landesrätin Kristina Edlinger-Ploder. „Es hat sich bereits in den Workshops gezeigt, dass an einer Fortschreibung des derzeitigen Status Quo niemand Interesse hat. Ein offener und transparenter Prozess zur Lösung der Ennstalfrage ist daher für uns das zentrale Ziel".
In den Ergebnissen zeigt sich, dass ein Ausbau der B320 insbesondere für die Tourismuswirtschaft der Region eine positive Wirkung hätte. Etwas dahinter, aber noch immer deutlich stimulierend wirksam, wäre eine Verkehrslösung für die regionalen Wirtschaftsunternehmen. Attraktive Arbeitsplätze haben wiederum - auch dies ein Ergebnis der gemeinsamen Workshops - eine starke Wirkung auf die demografische Struktur und die Lebensqualität in der Region. Eine Steigerung und Kompensation des Straßen-Güterverkehrs auf die Bahn kann laut Studie hingegen wenig zu einer Gesamtlösung beitragen (geringe Substitutionseffekte, Lärmbelästigung für die Anrainer).
„Wir werden die Ergebnisse der Studie nun nutzen, um sie mit der Bevölkerung und dem Planungsbeirat zu diskutieren, in die laufende Konsultationsphase einfließen zu lassen und so eine Lösung dieser jahrzehntelang unbefriedigenden Situation in größtmöglichem Konsens mit allen Beteiligten zu ermöglichen", ist Edlinger-Ploder zuversichtlich. „Eine Gesamtlösung dieser Frage muss jedenfalls eine technische Ausgestaltung mit landschaftsschonenden Maßnahmen bzw. Verbauungen und Impulse für eine Stimulierung des öffentlichen Verkehrs mit einem regionalen Maßnahmenbündel beinhalten".
Gefahr der Stagnation im Ennstal verschärft Abwanderungstendenz
Die Sensitivitäts-Studie belegt auch, dass die Gefahr der Stagnation in der Region groß ist. Es bestehen deutlich mehr stabilisierende als dynamische Faktoren. Dies hat jedoch negative Folgen vor allem für Tourismus und Unternehmen, auf die Beschäftigungssituation, Aus- und Weiterbildung und verstärkt somit die Abwanderung. „Unsere Aufgabe ist es dafür zu sorgen, dass Mobilität sich richtig verteilt. Die Ergebnisse unterstreichen eindeutig, dass isolierte Initiativen im Bereich Bahn eine Klärung der Straßenfrage nicht ersetzen können. Ein behutsamer Ausbau der B320, eingebettet in ein regionales Maßnahmenbündel, bietet erst die Möglichkeit zur Gegensteuerung gegen Abwanderungstendenz und Stagnation", so Edlinger-Ploder.
Aktuelle Verkehrszählung: Belastbarkeitsgrenze teilweise schon überschritten, bis zu 50 % Verkehrssteigerung auf Landesstraßen im südlichen Ennstal
Eine im Oktober 2008 durchgeführte Verkehrszählung im Rahmen der Strategischen Prüfung Verkehr belegt, dass besonders an den Ortsein- und ausfahrten in Liezen und Stainach eine sehr hohe Verkehrsbelastung an der Kapazitätsgrenze der B320 herrscht. Dies führt zu regelmäßigen Überlastungen zu Spitzenzeiten und Ausweichverkehr auf die Nebenstraßen - auf denen im Vergleich zu 2004 die Verkehrsbelastung bis zu 50 Prozent gestiegen ist. Gerade bei und durch Liezen wurden ausgesprochen hohe LKW-Belastungen (über 3.200 LKW pro Tag) festgestellt. Der Durchgangsverkehr durch das Planungsgebiet Trautenfels-Selzthal ist mit rund 7.080 KFZ/Tag, davon 1.620 LKW, ebenfalls an der Grenze der Belastbarkeit. Ein relativ geringer Anteil des Transitverkehrs (rund 550 KFZ/Tag) belegt, dass eine Straßenverkehrslösung hauptsächlich dem österreichischen Verkehr dienen würde.
„Eine Lösung der Verkehrsfrage ist notwendig, da dadurch Lärm und Schadstoffe für die Anrainer der bestehenden B320 und an den Ausweichrouten erheblich reduziert und die Verkehrssicherheit im ganzen Talraum erhöht wird", erklärt Edlinger-Ploder. Eine erhöhte Stabilität des Verkehrssystems wird zu weniger Stau in den Spitzenzeiten und in Urlaubsspitzen, der Verhinderung eines Verkehrskollapses bei Unfällen und zu Wegzeiteinsparungen führen. Möglichen Beeinträchtigungen im Bereich einer neuen Trasse soll durch modernste Verbauungs- und Einhausungstechnik entgegengewirkt werden."