Fachkräftemangel: High-Tech-Unternehmen als Paten für künftige Softwareentwickler
Der Fachkräftemangel in der steirischen Industrie ist vielschichtig. Industriellenvereinigung und FH Campus 02 reagieren unter dem Motto „Handeln statt Klagen" mit einem innovativen Ausbildungsangebot im Bereich Softwareentwicklung. Landesrat Buchmann unterstützt in Form von „Bildungsschecks".
Die Industrie reagiert aktiv auf den nachhaltigen Fachkräftemangel. Unternehmen haben gemeinsam mit der Industriellenvereinigung und der Fachhochschule Campus 02 neue Wege in der Ausbildung beschritten. Für dringend benötigte Softwarespezialisten wurde ein einjähriger Lehrgang kreiert, der in einer völlig neuen Form der Kooperation zwischen Fachhochschule und Unternehmen abgewickelt wird:
- Die Lehrinhalte wurden in engster Abstimmung mit steirischen IT-Unternehmen
entwickelt. - Die Ausbildung wird in dualer Form angeboten, findet also in der Fachhochschule und
in Unternehmen statt. - Betriebe übernehmen eine Patenschaft für die Teilnehmer am Lehrgang und
unterstützen so angehende Softwareentwickler finanziell und inhaltlich.
Der FH-Lehrgang startet am 5. November - Teilnehmer können sich ab sofort über die Campus 02-Website um ein Patenschaftsticket von Unternehmen bewerben.
„Bildungsscheck" von Wirtschaftslandesrat Buchmann
Vom Stellenwert des Lehrganges überzeugt und von der innovativen Idee der Umsetzung angetan ist Wirtschaftslandesrat Dr. Christian Buchmann: „Die Unternehmen der ITBranche spielen in der steirischen Wirtschaftslandschaft eine große Rolle. Mit gut ausgebildeten Fachkräften im Bereich Software können wir einen wesentlichen Beitrag zur Standortattraktivität für diese Unternehmen leisten."
Darüber hinaus möchte der Landesrat neben den Unternehmen vor allem auch jungen Menschen in ihrer beruflichen Entwicklung zur Seite stehen. „Wer diese Ausbildung erfolgreich absolviert, schafft für sich selbst Vorraussetzungen als qualifizierte Fachkraft am Arbeitsmarkt nachgefragt zu werden. Das qualitativ hochwertige Vermitteln einer nachgefragten Qualifikation ist die beste Unterstützung, die man jungen Menschen mit auf den Weg geben kann.", so der Landesrat weiter.
„Daher erhalten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei Lehrgangsbeginn vom Wirtschaftsressort einen so genannten „Bildungsscheck", mit dem die Hälfte der Ausbildungskosten übernommen wird."
Fachkräftemangel in IT-Branche
Die Nachfrage nach Softwareentwicklern im Großraum Graz hat sich kontinuierlich gesteigert, offene Stellen konnten in den letzten Jahren vielfach nicht besetzt werden. So auch bei Atronic Austria, einem Unternehmen mit weltweit 900 Mitarbeitern (davon 400 in der Steiermark), das sich mit der Entwicklung, Produktion und dem weltweiten Vertrieb von Casinospielgeräten beschäftigt. Dkfm. Michael Gauselmann, Inhaber der Atronic Gruppe und Vorstandssprecher der deutschen Gauselmann AG: „Die Situation am Arbeitsmarkt der IT-Spezialisten ist äußerst angespannt. Unser steirischer Standort setzt daher seine Recruiting-Tätigkeiten weltweit. Darüber hinaus bemühen wir uns, ein für Arbeitnehmer attraktiver Arbeitgeber zu sein - Investitionen in die Qualifikation von Mitarbeitern und eben auch angehenden Mitarbeitern gehören da selbstverständlich dazu." Bei Atronic arbeiten derzeit 90 Softwareentwickler aus 10 Ländern an Software für Casinospielgeräte, die weltweit - auch in Las Vegas - zum Einsatz kommen.
Praxisnaher, dualer FH-Lehrgang
Für Dr. Werner Tessmar-Pfohl, Vizepräsident der Industriellenvereinigung Steiermark, stellen Bildung und Qualifikation die wesentlichen Kernelemente einer dynamischen und erfolgreichen Wirtschaftsregion dar. Der sich zuspitzende Fachkräftemangel veranlasste daher die Industriellenvereinigung Steiermark, den Qualifikationsbedarf heimischer IT-Unternehmen mit dem Bildungsangebot an der Fachhochschule Campus 02 zu matchen. Damit setzt die IV einen aktiven Schritt in Richtung Problemlösung: „Die Steigerung der Qualität und der Passgenauigkeit des Qualifizierungsangebotes sind mittel- und langfristig das beste Mittel gegen einen Engpass bei Spezialisten", ist Tessmar-Pfohl überzeugt. Und weiter: „Dieser Prozess des höchst effizienten Zusammenführens von Bildungsangebot und -nachfrage sichert Perspektiven für junge Menschen, Betriebe und den Standort und kann Vorbildwirkung für weitere ähnliche Qualifizierungsmaßnahmen haben."
Endprodukt ist ein innovativer Lehrgang, dessen Praxisnähe auf 3 Säulen steht:
Praxisbezug Säule 1: Die Lehrinhalte
Über mehrere Monate wurde mit steirischen Leitbetrieben an den zu vermittelnden Inhalten gefeilt. „Es ist uns gelungen, den Bedarf der Unternehmen und die Inhalte des Lehrganges exakt aufeinander abzustimmen. Die Flexibilität, die das Gesetz bei FH-Lehrgängen bietet, hat dazu geführt, dass wir uns hier punktgenau an den Erwartungen der Betriebe orientieren konnten", beschreibt Mag. Peter Hochegger, Geschäftsführer des Campus 02, die inhaltliche Abstimmungsarbeit. Darüber hinaus werden einzelne Lehrveranstaltungen von Softwareexperten aus der steirischen Industrie abgehalten.
Praxisbezug Säule 2: Patenschaft durch Unternehmen
Atronic Austria ist eines jener Unternehmen, die eine Patenschaft für mehrere Teilnehmer am Lehrgang übernehmen wird. Einerseits finanziert Atronic auf diesem Wege für diese Teilnehmer ein Viertel der Lehrgangskosten direkt (ein weiters Viertel indirekt via Praktikumsentgelt), andererseits sind die angehenden Softwareentwickler aber auch bereits während ihrer Ausbildung mit dem Unternehmen in ständigem Kontakt. „Wir bieten den Studierenden die Chance, eine theoretische Ausbildung, die sich am aktuellsten Stand der Technik orientiert, unmittelbar während der Ausbildungszeit in unserem Unternehmen in die Praxis umzusetzen", beschreibt Gauselmann die Motive der Übernahme der Patenschaften.
Praxisbezug Säule 3: Duale Form
Über diese laufende Kooperation hinaus, verbringen die angehenden Softwareentwickler das zweite Ausbildungssemester zu einem Gutteil in ihrem Patenunternehmen. Auf diesem Wege haben sie die Chance, in den Unternehmen Motivation und Know-how unter Beweis zu stellen und sich so für ein längerfristiges Engagement zu empfehlen. Dass sich über das Praktikumsentgelt die zu Beginn des Lehrganges erbrachte finanzielle Eigenleistung der Teilnehmer (ein Viertel der Ausbildungskosten) „zurück verdienen" lässt, macht den Lehrgang für Studierende zur Investition, die sich in jedem Fall rechnet.
Unternehmen, die bislang eine oder mehrere Patenschaften übernommen haben:
Atronic Austria GmbH
AVL List GmbH
Bearingpoint Infonova GmbH
GUEP Software GmbH
Knapp Logistik Automation GmbH
Knapp Systemintegration GmbH
Salomon Automation GmbH
SSI Schäfer Peem GmbH