Landesbudget 2011 und 2012
Unter dem Titel „Die Steiermark auf ein neues Fundament stellen - gesunde Landesfinanzen für die Zukunft unserer Heimat" präsentierte Finanzlandesrätin Bettina Vollath am 12.04.2011 den Voranschlag für den steirischen Doppelhaushalt 2011 und 2012.
Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrter Herr Landeshauptmann,
geschätzte Kolleginnen und Kollegen der Landesregierung,
sehr geehrte Mandatarinnen und Mandatare des Landtages Steiermark,
sehr verehrte Zuhörerinnen und Zuhörer!
Ja, der Steiermark geht es wieder gut. Jetzt, 2011, auf jeden Fall wesentlich besser, als wir es uns in der schwersten Wirtschaftskrise seit den 1930er Jahren vorstellen konnten, die durch die internationale Finanzkrise ausgelöst wurde.
Was für die Steiermark insgesamt gilt, gilt jedoch leider nicht für unsere Landesfinanzen. Das Ende der Wirtschaftskrise bedeutet nicht das Ende der Krise der öffentlichen Haushalte. Mit dieser Tatsache sieht sich nicht nur die Steiermark konfrontiert, sondern diese Entwicklung ist in den allermeisten Haushalten der Staaten und Länder Europas zu beobachten. Was passiert, wenn nichts passiert, wenn nicht zeitgerecht in Eigenverantwortung die nötigen Schritte gesetzt werden, sieht man derzeit am Beispiel Portugals. Die Einsparungen, die jetzt der Bevölkerung seitens der entsprechenden EU-Gremien zugemutet werden, sind wesentlich weitreichender als jenes, was die Regierung in Portugal an Einsparungen vorgeschlagen hat.
Warum wir stehen, wo wir stehen
Zum einen hat die Wirtschaftskrise definitiv Löcher gerissen. Sinkenden Einnahmen standen in den Jahren 2009 und 2010 massiv steigende Ausgaben gegenüber. Zu diesen Ausgaben gehörten auch ganz bewusst in Abstimmung mit der Sozialpartnerschaft gesetzte Investitionen in der Steiermark, um die Auswirkungen der Krise in unserem Land abzufedern. Dieser Kurs war in diesen schwierigen Jahren sicher richtig. Gezielte Investitionen und gezielte arbeitsmarktpolitische Schwerpunktsetzungen der Landesregierung haben dazu beigetragen, dass in der Steiermark Arbeitsplätze nicht dauerhaft verloren gegangen sind und dass wir heute - Gott sei Dank - bei der Beschäftigung wieder gut da stehen.
Der zweite Grund liegt im Jahr 2009: Die Steuerreform des Bundes hat in der Steiermark allein im Jahr 2009 zu einem Einnahmenrückgang von rund 65 Millionen Euro geführt, dies zusätzlich zu den ohnehin schon krisenbedingt sinkenden Ertragsanteilen. Die Maßnahmen der Bundesregierung im laufenden Budgetjahr 2011 haben diesen Betrag nur zu einem kleine Teil wieder aufgewogen.
Drittens: Unser eigener Verantwortungsbereich in der Steiermark selbst, die Landeshaushalte der Vergangenheit. In den zurückliegenden Jahrzehnten haben wir viele nachhaltige Strukturen aufgebaut und hohe Standards für die Bevölkerung in unterschiedlichsten Bereichen entwickelt. In diesem Ausmaß allerdings konnten wir uns manches davon allerdings in Wahrheit nicht leisten, denn diese Ausgaben waren oft nicht durch laufende Einnahmen gedeckt. Im hinter uns liegenden Jahrzehnt der finanzpolitischen Unkultur wurden immer öfter Maastricht-konforme Einmalmaßnahmen herangezogen, um öffentliche Haushalte, die Haushalte der Länder, in einem besseren Licht erscheinen zu lassen. Allein 6,7 Milliarden Euro an Einmalmaßnahmen in den vergangenen zehn steirischen Landeshaushalten sprechen da, glaube ich, Bände. Mit diesen Maßnahmen wurde das strukturelle Defizit der Steiermark jahrelang überdeckt. Nocheinmal: In den Krisenjahren 2009 und 2010 war dieser Kurs ganz sicher richtig und hatte seine wirtschaftspolitische Berechtigung. In den wirtschaftlich guten Jahren davor allerdings war das aber ein Fehler. Dessen Korrektur haben wir uns heute zu stellen.
Zeit der Budgetwahrheit
Ehrliche Argumente – verantwortungsvolle Debatte
Widerrede ist das Salz der Demokratie, und insofern begrüße ich alle wohlüberlegten Argumente, die gegen die eine oder andere Maßnahme vorgebracht werden. Das ist gut so. Im Sinne eines demokratischen Prozesses ist es ja die Aufgabe der Opposition in diesem Hohen Haus, mit Kritik und Hinterfragen dazu beizutragen, das Ergebnis zu verbessern. Gerade weil ich viele von Ihnen als kritische, aber konstruktive Politikerinnen und Politiker kennen gelernt habe, bitte ich Sie jedoch, sich auch Ihrer Verantwortung als Opposition zu besinnen und die Menschen in unserem Land nicht auch durch Halbwahrheiten und bewusste Fehlinterpretationen zu verunsichern.
Der Kassasturz
Die Fakten
Landesabgaben werden derzeit von diesen rund 5,2 Milliarden Euro in Höhe von rund 73 Millionen Euro eingenommen. Das sind rund 1,5% des gesamten Landeshaushaltes. Streuen Sie bitte niemandem Sand in die Augen, dass über neue und erhöhte Landesabgaben der Haushalt saniert werden könnte. Um die Dimension noch etwas klarer vor Augen zu führen: Seriöse Berechnungen aus der Finanzabteilung zu erhöhten oder neuen Landesabgaben ergeben für unseren Landeshaushalt maximal ein weiteres Einnahmenpotential von rund 25 Millionen Euro. Die damit aber automatisch einher gehenden zusätzlichen Verwaltungskosten sind in dieser Kalkulation natürlich noch nicht berücksichtigt.
Ja, man darf, man kann und man soll über mögliche neue Einnahmen diskutieren. Im Sinne eines mittelfristigen Reformprozesses, indem wir uns ja jetzt befinden, den wir jetzt starten, wird das auch stattfinden. Nur, vor strukturellen Einsparungen bewahrt uns das keineswegs.
Ich bitte Sie darum, dies auch in Zukunft zu bedenken, wenn in diesem Hause wieder Forderungen nach neuen und weiteren Leistungen diskutiert werden, welche unseren Haushalt über Jahre hinweg binden. Wenn wir alle Forderungen der vergangenen Legislaturperiode und der letzten Monaten zusammenzählen, wären wir wahrscheinlich schon bald nahe an der nächsten Milliarde an zusätzlichen Kosten. Wie könnte das im Rahmen der jetzt notwendigen Konsolidierung jemals finanziert werden, wenn durch Erhöhung von Landesabgaben bestenfalls 25 Millionen Euro dieser Milliarde bedeckt werden könnten?
Viele Ansätze, die dieser Tage von Kritikerinnen und Kritikern kommen, sind gut gemeint, sie vermissen aber leider die Gesamtsicht und das Ziel einer nachhaltigen Konsolidierung, die nur über Veränderungen in den vom Land Steiermark finanzierten Systemen möglich ist.
Richtige Zuständigkeiten
Und ja, ich bin persönlich und politisch für einen besseren Ausgleich zwischen den wenigen, die den großen Anteil am Kapital und am Vermögen in unserem Land haben, und den vielen, denen so wenig bleibt. Aber das können wir auf Landesebene nicht lösen, dafür ist der Bund mit seiner Steuerhoheit zuständig.
Politik spart bei sich selbst – schafft sich aber nicht ab
Ja, natürlich soll die Politik sparen - und wir tun es auch, in einem noch nie da gewesenen Ausmaß. Wir sparen 30 Prozent bei der Öffentlichkeitsarbeit, 25 Prozent bei den Repräsentationskosten sowie 15 Prozent bei den ausbezahlten Mitteln an Parteien, das ergibt 3,8 Millionen Euro an Einsparungen pro Budgetjahr. Aber was wir nicht tun werden, ist die Politik gänzlich einzusparen und damit die Demokratie abzuschaffen. Ich stehe ganze klar zu einem demokratischen System. Und um auch zu diesem Punkt nocheinmal allen die Dimension vor Augen zu führen: Unsere steirische Demokratie kostet uns rund 12,5 Millionen Euro. In dieser Summe sind alle Gehälter der Politikerinnen und Politiker und die Repräsentationskosten enthalten. Das sind rund 0,2 Prozent bzw. 2 Promille des gesamten Haushaltes. Rechnet man die Parteienförderung dazu, kommen wir in Summe auf nicht einmal 6 Promille des Landeshaushaltes.
Wo wird gespart
Die öffentliche Diskussion um dieses Doppelbudget, die nun geführt wird, die Protestkundgebungen und die Versammlungen leben von der Solidarität vieler Menschen mit jenen, die am wenigsten haben und mit jenen, die sich selbst am schlechtesten wehren können. Ich bin froh darüber, dass es diese Werte in unserer Gesellschaft gibt und diese Kontrolle und dieses Korrektiv sind auch wichtig für die Politik. Aber die Proteste, die Teilbereiche dieses Budgets in die Öffentlichkeit tragen, dürfen über eines nicht hinwegtäuschen: Das Gesamtergebnis wurde nicht am Rücken einer Gruppe erzielt, sondern es wurde nur möglich, weil in jedem Bereich, in dem das Land Leistungen erbringt, Einsparungsergebnisse erzielt wurden, weil alle Gruppierungen, die ausgabenseitig vom Land bedacht werden, ihren unverzichtbaren Beitrag geleistet haben.
Verpflichtungen einhalten
Neues Fundament bauen
Etliche Maßnahmen, die wir im Zuge dieses Budget setzen müssen, sind natürlich sehr schmerzhaft. Es geht aber eben nicht um „Sparen - koste es was es wolle", sondern darum, dass wir uns die vielen wichtigen Leistungen im Gesundheitssystem, im Sozialsystem, im Bildungssystem auch in fünf, in zehn, und in 15 Jahren noch leisten können, dass wir auch in Zukunft noch in der Lage sind, bei sozialen Schieflagen in unserer Gesellschaft entsprechend gegenzusteuern.
Mit Kostensteigerungen in manchen Bereichen von 15 bis 20 Prozent, die wir in den vergangenen Jahren zu bewältigen hatten, ist das absolut nicht möglich. Jeder, der Rechnen kann, weiß, dass sich mit solchen Zuwachsraten Budgets innerhalb von fünf bis sechs Jahren verdoppeln und für keinen öffentlichen Haushalt bewältigbar sind, weil die Einnahmenseite nicht Schritt hält. Das beste Beispiel dafür ist der Sozialbereich, wo wir im Jahr 2005 für den Pflichtleistungsbereich als Land 159 Millionen Euro investiert haben. Das has sich bis zum Jahr 2010 auf 320 Millionen Euro potenziert. Im Jahr 2010 haben wir im Sozialbereich in Summe mehr als 342 Millionen Euro ausgegeben. Und auch in Zukunft fließt ein wesentlicher Teil des Landesbudgets in diesen Bereich: 2011 werden es weiterhin rund 360 Millionen Euro sein, um im kommenden Jahr leicht auf 337 Millionen Euro abzusinken. Im Vergleich zu 2005 haben wir damit in den Haushalten der kommenden Jahre im Sozialbudget eine massive Steigerung - und damit ein wesentlich höheres Leistungsniveau als noch vor fünf Jahren.
Wir werden alles daran setzen, dass Mittel für den Sozialbereich in diesem Rahmen auch in den Budgets der Zukunft darstellbar sind. Denn das will und muss sich die Steiermark leisten können.
Härten abfedern
Etliches, was in den Budgets gestrichen wurde, wurde gar nicht bemerkt, weil es niemanden in der Bevölkerung betrifft, wie zum Beispiel viele Einsparungen im Bereich der Verwaltung.
Manches wurde verwechselt, wie etwa die Pendlerbeihilfe des Landes Steiermark, wo sich zigtausende Menschen betroffen glaubten, weil sie zuerst die Pendlerpauschale des Bundes im Sinn hatten.
Und ja, einiges tut weh. Zu allererst natürlich den Betroffenen, aber auch uns als Mitglieder dieser Regierung. Dennoch müssen wir diese Beiträge von den Menschen erbitten, denn das in den Verhandlungen erzielte Einsparungsergebnis ist unbedingt notwendig, um die Steiermark wirklich wieder auf Kurs in Richtung eines ausgeglichenen Haushalts zu bringen. Eines ist aber auch klar und wurde schon mehrfach zugesagt: Wir alle gemeinsam in dieser Regierung werden die Lage und die Auswirkungen aller Maßnahmen sehr sensibel beobachten.
Falls in einzelnen Bereichen das Zumutbare überschritten werden sollte, gibt es die klare Zusage des Landeshauptmannes und seines ersten Stellvertreters, Härtefälle abzufedern und besondere Härten zu korrigieren. Seitens des Soziallandesrates, Siegfried Schrittwieser, gibt es die Zusage, die Ergebnisse des derzeit noch laufenden Begutachtungsverfahrens im besonders intensiv diskutierten BHG-Bereich in diesem Sinne in die konkrete Gestaltung der Verordnungen einfließen zu lassen. Und auch die schlussendlichen Auswirkungen des Doppelbudgets auf den Arbeitsmarkt werden sehr sensibel beobachtet werden, um im Bedarfsfall die nötigen Begleitmaßnahmen zu setzen.
Die strukturellen Reformen
Die Regierung hat sich deshalb klar dazu verpflichtet, durch vier große Strukturreformen, die spätestens für die Erstellung des Haushaltes 2013 - also bereits im kommenden Jahr - bereits auf Schiene sein müssen, das Fundament der Steiermark so zu verändern, dass wir uns dieses auch auf Dauer leisten können. Das Gelingen einer nachhaltigen Gemeindestrukturreform, die Umsetzung des Regionalen Strukturplans Gesundheit, die Schaffung einer modernen Schulstruktur und die tiefgreifende Umgestaltung der Landesverwaltung entscheiden darüber, wie schnell wir in dieser Legislaturperiode das Defizit weiter reduzieren können.
Dank
Das gemeinsame Fundament
Solange ich in der Politik bin - und das gilt sicher für alle hier auf dieser Bank -, möchte ich meine Verantwortung so ausüben, dass ich mir nichts vorzuwerfen habe. Es geht um die nächste Generation von Steirerinnen und Steirern, für deren zukünftige Bedingungen wir heute die Verantwortung tragen und die ich auch durch meine drei Söhne täglich vor Augen habe. Für diese Generationen kämpfen wir, für sie haben wir dieses Doppelbudget so lange und so hart verhandelt, für sie müssen wir unserer gemeinsamen Verantwortung gerecht werden. Mit diesem Doppelbudget für 2011 und 2012 kann ich als verantwortliche Finanzlandesrätin diesen nächsten Generationen - und damit auch meinen eigenen Söhnen - weiter in die Augen schauen. Ich bitte Sie herzlich, diesen notwendigen Weg für die Zukunft der Steiermark mitzugehen.
Ein ernstes, aber dennoch herzliches, steirisches
„Glück auf"!